FCA-Blitzinterview mit Michael Stickel

11-10-2017

FCA: Du bist nun bereits in deiner 5. Saison Co-Trainer der U23 des FCA. Als Profi hast du u.a. bei traditionsreichen Teams wie dem VfR Aalen, dem Wuppertaler SV und dem SV Sandhausen gespielt. Wie schwer (oder auch leicht) war die Umstellung das Geschehen als Trainer zu beobachten und nicht mehr aktiv mitzumischen?

MS: Natürlich war es damals nicht ganz einfach, nach mehreren schweren Verletzungen, die Schuhe an den Nagel zu hängen und sich einzugestehen, dass es einfach keinen Sinn mehr macht auf einem bestimmten Niveau gegen den Ball zu treten. Deshalb bin ich sehr dankbar, dass mir der Verein damals unter die Arme gegriffen hat und mich als ehemaligen Spieler direkt ins Trainerteam der U23 übernommen hat, wodurch ich noch einmal einen ganz anderen Einblick in die „Materie Fußball“ bekommen habe. Vereinzelt trainiere ich noch mit und da bin ich dann, bei der Geschwindigkeit der „Jungen“, doch ganz froh, dass ich nicht mehr aktiv ins Spielgeschehen eingreifen muss.

FCA: Du hast dein Lehramt-Studium abgeschlossen und arbeitest nun als Lehrer. Es ist ja bekannt, dass das Durchschnittsalter der U23 um die 20 liegt. In wie weit hilft dir deine pädagogische Ausbildung auch beim FCA weiter?

MS: Grundsätzlich finde ich es toll, dass man hier als Trainer in Ruhe arbeiten, ein Team mit einem Durchschnittsalter von 20,6 Jahren zusammenstellen und in eine Oberliga-Saison schicken kann. Unser Konzept der U23 sieht vor, dass wir jungen, talentierten und ehrgeizigen Spielern aus der Region eine Plattform bieten wollen, auf der sie sich präsentieren können und auf der sie sich behaupten müssen. Dadurch sollen die Jungs bestmöglich auf den nächsten Schritt (Regionalliga-Team) vorbereitet werden. Gerade junge Spieler muss man da anfangs immer wieder mal an die Hand nehmen und den Weg zeigen. Das ist dann schon ein bisschen wie in der Schule. Unabhängig von den persönlichen Zielen jedes Einzelnen geht es bei uns letztendlich immer um das Ganze, das Team. Das wissen die Jungs und jeder kann sich in diesem Raum frei bewegen.

FCA: Du arbeitest schon sein einigen Jahren gemeinsam mit James & Hille an der Weiterentwicklung einzelner Spieler und der gesamten Mannschaft. Wie würdest du deine “Kabinengenossen”, die du wahrscheinlich öfter siehst als deine Freundin, charakterisieren/beschreiben?

MS: Wir vertrauen uns mittlerweile alle blind, kennen unsere Stärken & Schwächen und ergänzen uns gegenseitig. Das ist im leistungsorientierten Fußballgeschäft nicht selbstverständlich und mit Sicherheit nicht nur eine große Stärke der U23, sondern des ganzen Vereins. Aber wenn ich die beiden charakterisieren müsste, dann würde ich James als akribischen, emotionalen Arbeiter und Hille als Ruhepol in der Kabine bezeichnen. James ist meistens für die Peitsche zuständig, bei mir bekommen die Spieler dann ab und zu mal Streicheleinheiten. Man soll ja als Pädagoge auch pädagogisch handeln 😉 Es kann aber tatsächlich auch mal andersrum sein. Ab einem bestimmten Niveau zählt letzten Endes das, was jeder einzelne Spieler auf dem Platz abliefert. Da erwarten wir in jedem Training und in jedem Spiel von jedem Spieler 100%. Nur so kann sich ein Spieler weiterentwickeln und den nächsten Schritt machen. Auch wenn es sich jetzt vielleicht hart anhört: Wer Schwierigkeiten hat sich dafür täglich zu motivieren oder sich auf seinem Talent ausruht, ist bei uns fehl am Platz. Da ticken wir im Trainerteam alle gleich.

FCA: Was traust Du der U23 in der kommenden Oberliga-Saison zu?

MS: Es wird für uns wieder bis zum letzten Spieltag um den Klassenerhalt gehen. Alles andere würde mich überraschen. Das bedeutet aber nicht, dass wir unserem Team nicht vertrauen. Ganz im Gegenteil. Ich denke, dass wir fußballerisch noch nie so eine starke U23 hatten wie in dieser Saison. Allerdings muss man trotzdem realistisch bleiben und sehen, dass wir unser Team im Vergleich zur vergangenen Saison noch einmal verjüngt haben und ein Großteil noch nie im Herrenbereich gespielt hat. Der Sprung von der Junioren-Oberliga in die Oberliga Baden-Württemberg ist enorm, auch wenn das viele junge Spieler zunächst nicht sehen wollen und erst einmal selbst die Erfahrung machen müssen. Ich ziehe gerne den Vergleich zu einem Spiel einer U16/U17 gegen eine U19 Mannschaft. Man spielt gegen Spieler, die zum Großteil schon höherklassig gespielt haben oder selbst vor 2-3 Jahren noch in einem NLZ (Nachwuchsleistungszentrum) ausgebildet wurden und in einer Junioren-Bundesliga gespielt haben. Mit solchen Gegenspielern muss man sich dann plötzlich auf dem Platz messen. Der Fußball ist schneller und körperbetonter. Da fehlt dann natürlich zunächst einmal die Ruhe und Übersicht am Ball, das Durchsetzungsvermögen, die Konstanz. Man verliert vielleicht auch mal 5-6 Spiele in Folge, was viele Jungs aus dem Juniorenbereich so nicht kennen. Da kommt dann auch die Psyche ins Spiel. Wer schafft es, in solchen Situationen trotzdem positiv zu bleiben und weiterhin mutig und selbstbewusst aufzutreten, sowie das Ziel im Auge zu behalten!? Das sind dann alles Dinge, die wir unseren Jungs in der U23 versuchen beizubringen.

FCA: Das ist aber für das Trainerteam auch nicht immer eine einfache Aufgabe?

MS: Das stimmt. Die Leistungs-/ und Stimmungsschwankungen waren schon in der vergangenen Oberliga-Saison für das ganze Team enorm. Wir sind nach Niederlagen im Trainerteam natürlich auch enttäuscht und machen uns Gedanken, was wir hätten anders machen können bzw. wie wir die Jungs verbessern können. Das ist aber normal und das wussten wir im Voraus. Andererseits können wir uns ja auch über Spiele freuen, in denen die Jungs zeigen, dass sie auf einem guten Weg sind und als Mannschaft auftreten. Einzigartig finde ich, dass wir in Walldorf, im Gegensatz zu meinen bisherigen Vereinen und vielen anderen U23 Mannschaften, nicht die Nerven verlieren und Woche für Woche 4-5 gestandene Spieler aus der 1.Mannschaft in die U23 dazu nehmen, nur um den Klassenerhalt zu erreichen. Das ist langfristig gesehen keine gute Option und hilft den jungen Spielern auch nicht weiter. Sie müssen eine Chance bekommen und diese bekomme sie hier in Walldorf.

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