15 Jahre, 15 Geschichten

22-02-2017

Interview mit Peter Hofmann (Präsident TSG 1899 Hoffenheim) & Willi Kempf (Präsident FC-Astoria Walldorf)

„In der Metropolregion nicht mehr wegzudenken“

Zum 15. Geburtstag hat Anpfiff ins Leben e.V. die Reihe „15 Jahre, 15 Geschichten“ aufgelegt und mit Personen gesprochen, die dem Verein eng verbunden sind. Peter Hofmann, Präsident der TSG 1899 Hoffenheim, und Willi Kempf, Präsident des FC-Astoria Walldorf, haben die Entwicklung des Jugendförderkonzepts als Vertreter der ersten beiden Partnersportvereine hautnah miterlebt.

Herr Hofmann, Herr Kempf, wir schauen nun auf 15 Jahre „Anpfiff ins Leben“ zurück. Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Kontakt mit dem Projekt?

Hofmann: Ich habe das alles von Anfang an hautnah miterleben dürfen. Anton Nagl hat vor der Gründung das ganze Konzept von „Anpfiff ins Leben“ unserem damaligen Trainer Hansi Flick und mir vorgestellt. Wir waren beide begeistert. Dann wurde in Zuzenhausen das alte Schulhaus abgerissen, der Förderstützpunkt gebaut. Was Anton Nagl uns damals alles vorgetragen hat, war wirklich klasse – das war und ist eine Bereicherung für die Region und unseren Verein.

Und in Walldorf?

Kempf: Ja, das war im Jahre 2004. Gegründet wurde das Jugendförderzentrum in Walldorf ja schon 2003. Im Jahr darauf habe ich mich überzeugen lassen, als Vorstand beim FC-Astoria mitzuwirken – da kam der erste Kontakt zustande. Das Verhältnis zu Anton Nagl, dem Gründer von „Anpfiff ins Leben“, war bereits sehr gut. Wir haben schon davor zusammen im Verein gearbeitet, von daher war das vom ersten Tag an wirklich exzellent.

Was bleibt Ihnen aus den vergangenen Jahren mit „Anpfiff ins Leben“ besonders in Erinnerung?

Kempf: Das waren viele große Erlebnisse. Ich denke da vor allem an den Wiederaufbau unseres Jugendbereichs. Der hatte damals einen Tiefpunkt erreicht. 2004 hatten wir nur noch einen Bambini-Spieler im Verein. Aber mit der Kooperation zwischen FCA und „Anpfiff ins Leben“ kam der Aufschwung: Wir haben Leute gefunden, die sich für Jugendtraining begeistern konnten. Das Zugpferd war immer Anton Nagl, das ist ganz klar. Er war es, der alles gemanagt hat. Inzwischen merken wir, dass fast alle Spieler der aktiven Mannschaften aus der eigenen Jugend kommen – das war früher nicht der Fall und ist eindeutig unserer Kooperation zuzuschreiben.

Hofmann: Ich kann mich besonders an viele glückliche Kinderaugen erinnern. Ich denke dabei nicht nur ans Sportliche, sondern auch an Aktionen, bei denen Jugendlichen ihre sozialen Kompetenzen entwickeln konnten und auch Menschen mit Behinderungen geholfen wurde, wieder aktiv ins Vereinsleben zurückzukehren. Es ist ganz toll, was hier geleistet wird! „Anpfiff“ gibt ein Stück Glück zurück.

Welchen Stellenwert hat „Anpfiff ins Leben“ heute in Ihren Vereinen?

Kempf: Bei uns ist es logischerweise ziemlich weit oben angesiedelt. Wir leben praktisch von „Anpfiff ins Leben“. Unsere U23 besteht fast nur aus Spielern des Projektes. Nach und nach geht das auch in die erste Mannschaft über. Von den Bambini an bekommen die Kinder volle Unterstützung im Sport sowie in der Schule – das ist in der ganzen Gegend einmalig, das kann man nicht hoch genug einordnen. Wir haben „Anpfiff ins Leben“ und Dietmar Hopp unglaublich viel zu verdanken.

Hofmann: Ich würde gerne ein Beispiel von damals nennen: Die Jugend hat ja früher immer die Bälle bekommen, die die Seniorenmannschaft abgelehnt hat. Die waren kaputt – dann hat Anton Nagl immer wieder betont, dass das doch nicht ginge. Die Jugend brauche auch richtige Fußbälle. Als die Spieler erstmals neue Bälle oder den ersten Trainingsanzug bekommen haben, das sind Geschichten, wo es glückliche Kinderaugen gibt. Heute wird ja noch viel mehr getan und „Anpfiff ins Leben“ ist in der Metropolregion nicht mehr wegzudenken.

Wie wichtig ist die Rundum-Betreuung in der Kombination Sport, Schule, Beruf und Soziales?

Kempf: Sehr, sehr wichtig. Wir wollen nicht, dass die Jugendlichen sich aufgrund des Sports in der Schule zurückhalten oder sie gar vernachlässigen. Deswegen werden auch die Schulnoten betrachtet. Sport und Schule sollen im Einklang sein. Wichtig ist, dass jeder später mal eine vernünftige Ausbildung hat. Dort helfen wir mit und legen großen Wert darauf, dass man einen Job oder eine Lehrstelle findet.

Was passiert konkret, wenn ein Spieler schlechte schulischen Leistungen bringt? Spielt er dann nicht?

Kempf: Das ist natürlich die allerletzte Maßnahme, zu der es meistens gar nicht kommt. Zunächst sprechen wir mit den Jugendlichen, versuchen die Gründe herauszufinden und suchen zusammen nach einer Lösung. In zweiter Instanz gibt es dann in Absprache mit den Eltern gezielte Nachhilfe. Die Koordinatoren in den Jugendförderzentren leisten hier einen wichtigen Beitrag.

Hofmann: Es gibt ein Leben nach dem Fußball – und das währt erheblich länger als der Sport. Bei den Jugendlichen ist uns der berufliche Aspekt wichtiger als der sportliche, auch wenn sie selbst das oft genau umgekehrt sehen. Deshalb ist die intensive Betreuung mit „Anpfiff ins Leben“ so vorbildlich und einmalig in Deutschland. Die Arbeit von „Anpfiff ins Leben“ in der achtzehn99 AKADEMIE erhält vom DFB stets Höchstnoten.

Kempf: Bei den Nachbarvereinen hier in der Region sieht man den Unterschied ganz gut. Dort wird häufig gesagt, dass nur die Leistung auf dem Platz stimmen muss. Beim FC-Astoria gilt auch in der ersten Mannschaft und der U23 das gleiche Konzept: Beruf und Ausbildung stehen an erster Stelle. Das kann man bei der TSG 1899 Hoffenheim logischerweise nicht mehr machen.

Hofmann: Doch, doch. Wenn bei uns ein U19-Kicker sagt, dass er die Ausbildung abbrechen und alles auf den Fußball setzen will, dann geht das nicht so einfach. Bei den Profis steht natürlich der Fußball im Vordergrund.

Wie wichtig ist auch das Ehrenamt heutzutage in den Vereinen?

Hofmann: Es ist immer das Bestreben der Vorstandschaft, das Ehrenamt in unserem Verein hochzuhalten! Unsere Gesellschaft braucht das Ehrenamt in vielen Bereichen.

Kempf: Es wird immer schwerer, Leute für das Ehrenamt zu gewinnen. Vor 30 bis 40 Jahren war das noch anders.

Wo gibt es Verbesserungspotential bei „Anpfiff ins Leben“?

Hofmann: (lacht) Puh, da fällt mir momentan nichts ein. Ich habe auch noch nie jemanden gehört, der gesagt hat, da könne man aber etwas verbessern. „Anpfiff ins Leben“ entwickelt sich ja ohnehin intern immer weiter.

Kempf: Und die Leute hier sind nicht einfach nur angestellt und machen ihren Job, sondern sind wirklich mit Herzblut dabei – die machen das wirklich gern, das sieht man ihnen an.

Was sind Ihre Wünsche für die Zukunft?

Hofmann: (lacht) Mein Wunsch ist, dass ich zum 25-jährigen Jubiläum wieder dem Vorsitzenden Dietmar Pfähler die Hand schütteln darf.

Kempf: Wenn ich das noch erlebe, wäre das auch ganz gut… (lacht)

Hofmann: Spaß beiseite – „Anpfiff ins Leben“ ist wichtig für unsere Gesellschaft in der Metropolregion. Dieser soziale Baustein sollte niemals verloren gehen!

Tillmann Bauer

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