Haltung zeigen

16-12-2016

Ende November nahm Moritz Göhring von adViva die U 13-Spieler des FC-Astoria Walldorf und des FC Speyer 09 genau unter die Lupe. Mit einer detaillierten Bewegungs- und Haltungsanalyse wollen die Vereine zusammen mit „Anpfiff ins Leben“ Verletzungen und Fehlstellungen der jungen Spieler verhindern.

Nevens Knie schmerzt. Schon seit dem Sommer kann er deshalb nicht mit seinen Kumpels trainieren. Sein Vater erzählt von einer langen Ärztetour, von Einlagen, die Neven nun ständig trägt – und die keinerlei Wirkung zeigen. „Ich geh jetzt halt öfter schwimmen“, erzählt Neven. Es klingt nicht sonderlich begeistert. Viel lieber würde er wieder auf dem Platz stehen. Beide, Vater und Sohn, erhoffen sich viel von dem Termin, den „Anpfiff ins Leben“ in der Sporthalle der Woogbachschule in Speyer organisiert hat.

Moritz Göhring, Sportwissenschaftler bei adViva, nimmt Neven und die anderen Jungs der U-13-Mannschaft des FC Speyer 09 genau unter die Lupe. Er hat eine Kamera aufgestellt, die auf einen kleinen Parcours mit Hütchen und Stange gerichtet ist. Jeden Spieler nimmt er auf, beim Gehen aus verschiedenen Blickwinkeln, beim Sprung über ein Hindernis und beim Hüpfen auf einem Bein. Später wird Göhring die Aufnahmen genau analysieren. „Ich achte auf Abweichungen in den Bewegungen, vor allem auf die Sprung- und Kniegelenke, das Becken und die Wirbelsäule“, erklärt er. Denn in den nächsten Jahren wird sich in der körperlichen Entwicklung der Jungs einiges tun und sich eventuelle Fehlhaltungen verfestigen. „Deshalb ist es wichtig, schon vor der Pubertät genau hinzusehen. Denn noch haben wir die Möglichkeit, mit gezieltem Training entgegenzusteuern und so Schmerzen und Verletzungen vorzubeugen“, sagt Sebastian Ebeling, Jugendkoordinator Sport des Jugendförderzentrums Speyer.

Ebeling war zuvor in Hoffenheim tätig und hat dort bereits einige Male mit Göhring zusammengearbeitet. Da er überzeugt ist von seiner Methode, holte er ihn auch nach Speyer. „Wir fangen in diesem Jahr mal mit einer Mannschaft an, im nächsten Jahr machen eventuell dann alle vier U-13-Mannschaften mit.“ Selten geht es bei der Analyse um Extremfälle wie bei Neven. „Er erkennt bei fast jedem Spieler etwas, was man noch verbessern kann“, sagt Ebeling. Göhring nickt. „Eigentlich bewegt sich niemand ganz ideal“, sagt der Sportwissenschaftler. Für Menschen, die wenig bis keinen Sport treiben, habe das oft auch keine großen Auswirkungen. „Bei Sportlern kann das allerdings schnell zu Problemen führen.“

Göhrings Analyse fließt dann später in den Trainingsplan der Mannschaft ein. „Für uns Trainer ist das sehr hilfreich“, sagt Roberto Pinto, der die U-13-Mannschaft des FC Astoria Walldorf trainiert. Auch seine Spieler hat Göhring gefilmt. „Mehrere Spieler haben Defizite in der Motorik“, gibt Pinto ein erstes Ergebnis der Analyse wieder. Diesen Bereich wird er künftig in seinem Training wohl ausbauen.

Als Neven an die Reihe kommt, erkennt Göhring gleich, dass er bei der Innenrotation des Knies seine Innenbänder überdehnt. „Er braucht mehr Stabilität, mehr Kraft“, sagt er. Mit gezieltem Training, sagt er, könne das deutlich besser werden. Genaueres kann Göhring jedoch erst sagen, wenn er die Aufnahmen von Neven im Detail analysiert hat. Darauf warten nicht nur Neven und sein Vater gespannt. Auch Denise Krämer ist neugierig auf die Ergebnisse. Die Athletiktrainerin vom SV Gimbsheim schaut Göhring beim Termin in Speyer über die Schulter, lässt sich alles genau von ihm erklären. Der Verein überlegt, ob auch in Gimbsheim die Bewegungsanalyse umgesetzt wird. „Das ist schon sehr interessant“, sagt Krämer. „Und der Aufwand ist gar nicht so groß.“

Nach etwa einer Dreiviertelstunde hat Göhring alle Aufnahmen im Kasten. „Früher war das wesentlich aufwendiger. Die Erfahrung hat gezeigt, dass wir auch aus wenigen Bewegungsabläufen sehr viele Informationen ziehen können.“ Informationen, die vielleicht auch Neven helfen können, endlich wieder Fußball zu spielen.

Sarah Weik

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