Junioren-Fußball der Spitzenklasse

22-04-2022

Über zu wenig Dramatik durfte sich keiner der über 400 Zuschauer beschweren. Die U19-Bundesliga-Mannschaften der Anpfiff ins Leben Partnervereine FC-Astoria Walldorf und TSG Hoffenheim lieferten sich ein temporeiches Duell beim 3:3-Unentschieden am Mittwochabend im Dietmar-Hopp-Sportpark.

Die Voraussetzungen vor dem Derby versprachen viel. Hoffenheim reiste als frischgebackener badischer Pokalsieger an, Walldorf besitzt wider Erwarten alle Chancen auf den Klassenerhalt. Egal, wie die Saison für den FCA endet, sie ist schon jetzt eine sehr starke. Im Vergleich mit reihenweise U19-Konkurrenten aus Profiklubs mit Nachwuchsleistungszentren im Rücken, schlagen sich die Blau-Weißen hervorragend, sie haben einige deutlich höher einzuschätzende Teams hinter sich gelassen. Der Klassenerhalt wäre das i-Tüpfelchen, das sie unbedingt setzen wollen.

Zum Spiel: Während die Hoffenheimer um Ballkontrolle bemüht waren, verlagerten die Gastgeber ihre Spielanlage auf Konter und hatten damit ganz früh Erfolg. Jannis Boziaris, der auffälligste, weil beste Akteur auf dem Feld, spielte einen Traumpass über 30 Meter auf Sandor Belvari. Der Rechtsaußen überlistete TSG-Keeper Tim Boeff mit einem platzierten Flachschuss ins lange Eck (5. Spielminute).

Es ging weiter hoch und runter, die Gäste konnten aus einer Serie von Standardsituationen kein Kapital schlagen, erst ein Foulelfmeter brachte den verdienten Ausgleich. Felix Lutz ahnte die Ecke, machte sich lang und länger, hatte gegen den platziert und scharf geschossenen Ball von Umut Tohumcu allerdings keine Abwehrchance (24.). Der Bundesliga-Nachwuchs nutzte die daraus resultierende Verunsicherung der Walldorfer gnadenlos aus und drehte vier Minuten darauf die Partie komplett, als Tom Bischof abgeklärt und freistehend vor Lutz einnetzte.

In der Folge zog der Unparteiische den Unmut der Astorstädter auf sich, die zweimal Elfmeter forderten. Zumindest einen Strafstoß hätte es geben können, wenn nichts sogar müssen, als Belvari an der Schulter gehalten und schließlich zu Fall wurde (31.). „Manchmal hätte ich mir etwas mehr Fingerspitzengefühl des Schiedsrichters gewünscht“, sagte FCA-Trainer Roberto Pinto mit Bezug zur generellen Linie des Schiris. Der Ausgleich lag nun in der Luft und kurz vor der Pause war es soweit. Boziaris fasste sich aus knapp 20 Metern ein Herz, er schlenzte die Kugel in den oberen rechten Torwinkel (43.).

Traumtor 2.0 hieß es neun Minuten nach Wiederbeginn. Was einmal funktioniert, kann auch ein zweites Mal gelingen. Das dachte sich wohl Boziaris, als er erneut aus der Entfernung abzog und Tim Boeff sich abermals erfolglos streckte. Dieses Mal sprang die Kugel von der Unterkante der Latte ins Tor. Das 3:2 gab den Walldorfern spürbaren Rückenwind. Pinto sprach seinem doppelten Kunstschützen ein Sonderlob aus: „´Janni´ ist ein sehr gefragter Spieler und wir wissen selbstverständlich, was wir an ihm haben. Dennoch muss er noch ein einigen Dingen arbeiten“, schob der Coach mit einem Schmunzeln hinterher.

TSG-Trainer Marc Kienle reagierte umgehend und wechselte doppelt. Die Dramatik steigerte sich fortan Richtung ihrem Höhepunkt. Hoffenheim bot aufgrund einiger Ballverluste Kontergelegenheiten an, einzig der letzte Pass wollte den Hausherren nicht gelingen, die Ausgerechnet in der Schlussviertelstunde auf Boziaris verzichten mussten. Der Kapitän wurde angeschlagen ausgewechselt, weshalb von da an die Entlastung nach vorne etwas fehlte. Hoffenheim bemühte sich um den Ausgleich und erzielte keinesfalls unverdient das 3:3 durch Jakob Knollmüller in der 87. Minute. Danach geschah trotz fast sechsminütiger Nachspielzeit nichts Nennenswertes mehr.

Überhaupt nicht zufrieden mit dem Auftritt seiner Schützlinge zeigte sich der TSG-Coach. „Wir sind ganz schlecht ins Spiel gekommen, korrigieren es dann, müssen aber wieder den Rückschlag hinnehmen und schaffen wenigstens noch den Ausgleich“, lautete sein Fazit im Schnelldurchlauf. Seine Kritik fiel schonungslos aus: „Von der Einstellung, wie wir das Spiel angegangen sind, war es nicht gut genug. Diesen Vorwurf müssen sich die Jungs gefallen lassen.“

Ganz anders sei der Auftritt der Hoffenheimer am vergangenen Samstag gewesen, als sie sich den badischen Pokal gegen den Karlsruher SC sicherten: „Da haben wir im Vergleich zu heute ganz viel Mentalität gezeigt“, so Kienle weiter.

Sein Trainerkollege konnte trotz des späten Ausgleichs mit dem Remis leben.  „Dieser eine Punkt kann noch sehr viel wert sein“, konstatierte Pinto. Damit hat seine Elf jedenfalls die Abstiegszone verlassen und zwei Partien vor dem Saisonende den Klassenerhalt in der eigenen Hand. Am Samstag geht es zum KSV Hessen Kassel für die Walldorfer, die dort den entscheidenden Schritt in Richtung Klassenerhalt machen können. Der Ex-Profi ist gewieft genug, um zu wissen, dass er seine Schützlinge warnen muss: „Das wird alles andere als ein Selbstläufer.“

Tore: 1:0 Belvari (5.), 1:1 Tohumcu (24./FE), 1:2 Bischof (28.), 2:2 Boziaris (43.), 3:2 Boziaris (54.), 3:3 Knollmüller (87.)

FC-Astoria Walldorf: Lutz – Andric, Menges, Zeybek, Manegold – Belvari (68. Laboard), Baltzer, Kabashi, Kim (81. Melder) – Boziaris (74. Collins), Safranek (86. Wagner).

TSG Hoffenheim: Boeff – Weik, König, Ottilinger (57. Leuze), Gebauer (57. Kambala) – Tamarez, Lässig, Tohumcu – Bischof – Bočs (82. Camara), Obigumu (66. Knollmüller).

Schiedsrichter: Vincent Schandry (Hochtaunus)

Zuschauer: 408

Besondere Vorkommnisse: Rote Karte f. Menges (90.+4)

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